Jedes Jahr erkranken in Deutschland mehr als 12.500 Menschen an einer Art von Leukämie.
Eine Stammzellespende ist – wenn Strahlen- oder Chemotherapie nicht wirken – oft die einzige Möglichkeit der Heilung.
Die Suche nach einem passenden Spender ist für die Betroffenen häufig schwierig. Denn nur ein Drittel der Patienten findet innerhalb der Familie einen geeigneten Spender, dann wird Hilfe von Personen außerhalb der eigenen Familie zwingend notwendig.
Noch immer findet aber jeder 10. Patient in Deutschland keinen passenden Spender, dabei ist es so einfach zu helfen.
Wenn Sie sich als Stammzellspender registrieren lassen möchten, finden Sie Informationen hierzu bei der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern.
Unser Blut besteht aus gelösten Bluteiweißen, die im Serum bzw. Plasma enthalten sind, und den Blutzellen, die wichtige Funktionen für den gesamten Organismus übernehmen. So sind die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) vor allem für den Sauerstofftransport zuständig, der über den in den Erythrozyten enthaltenen Blutfarbstoff (Hämoglobin), erfolgt. Die Blutplättchen (Thrombozyten) haben wichtige Funktionen bei der Blutgerinnung, sie dichten Verletzungen der Gefäßwand ab. Die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sind entscheidend für die Abwehr und Bekämpfung von Infektionen und unterteilen sich in die Granulozyten, die für die rasche Zerstörung und Abwehr von Bakterien zuständig sind und z.B. auch Eiter bilden, die Monozyten, die zu spezialisierten Fresszellen im Gewebe (Makrophagen) werden, und die Lymphozyten, die auf die Abwehr von Virusinfektionen und die Bildung von Antikörpern spezialisiert sind.
Diese Blutzellen haben entsprechend ihrer Funktionen nur eine begrenzte Lebensdauer und müssen deshalb ständig erneuert werden. Der Ort der Blutbildung ist das Knochenmark, das im ganzen Körper in den Hohlräumen der Knochen verteilt ist und in ständigem Austausch mit dem Blut ist. Im Knochenmark werden aus wenigen Vorläufer- oder Stammzellen durch zahlreiche Zellteilungen und Reifungsschritte ständig alle Formen der Blutzellen in großer Zahl neu gebildet. Sobald sie ausgereift sind, treten sie dann ins Blut über. Unter bestimmten Bedingungen wird aber diese Knochenmark- / Blutschranke durchlässig und lässt Vorstufen der Blutbildung oder sogar Stammzellen auch ins Blut übertreten.
Auf jeder Stufe der Blutbildung kann es leider zur Entartung dieser Zellen kommen. Sie unterliegen dann nicht mehr der komplizierten Feinregulation des normalen Wachstums der Blutzellen, sondern vermehren sich unkontrolliert. Spielt sich diese unkontrollierte Vermehrung im Knochenmark und bei Durchlässigkeit der Knochenmark- / Blutschranke im Blut ab, dann liegt eine Leukämie vor. Betrifft sie die reiferen Lymphozyten, die bereits in die Lymphknoten und das Blut ausgewandert sind, dann spricht man von einem Lymphom. Die weitere Einteilung dieser Erkrankungen erfolgt entsprechend der Entwicklungsebene, auf der die Entartung erfolgt, und nach der Geschwindigkeit des Wachstums dieser Zellen.
Bei der akuten Leukämie wachsen entweder die Vorläuferzellen der Granulozyten oder Monozyten (Akute myeloische Leukämie, AML) oder der Lymphozyten (Akute lymphatische Leukämie, ALL) unkontrolliert. Sie verdrängen rasch die gesunden Zellen der Blutbildung und führen dann zu den Symptomen der Fehlfunktion des Knochenmarks wie Abwehrschwäche mit nachfolgenden Infektionen und Fieber oder Blutungsneigung. Die Leukozytenwerte im Blut können dabei stark erhöht oder aber – wenn die bösartigen Zellen nicht aus dem Knochenmark austreten – auch erniedrigt sein.
Bei den chronischen Leukämien sind die Zellen noch in der Lage auszureifen, wachsen jedoch unkontrolliert wie z.B. bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML), die die Granulozyten oder Thrombozyten betrifft. Dies führt dann zu Symptomen der Zellvermehrung wie Knochenschmerzen oder einer Vergrößerung von Leber und Milz.
Aufgrund der vielfältigen Reifungs- und Teilungsschritte der Blutbildung gibt es auch entsprechend vielfältige Unterformen der Leukämien, die alle eine differenzierte Behandlung erfordern und die die Patienten genauer mit dem Arzt besprechen können.
Wenn die Entartung der Knochenmarkzellen mit einer Wachstumsstörung einhergeht, dann entsteht eine der Leukämie verwandte Erkrankung, das myelodysplastische Syndrom (MDS). Neben den bösartigen Erkrankungen der Blutbildung kann es aber auch zu einem Ausfall der Nachbildung von Blutzellen aus dem Knochenmark kommen, die wichtigsten Erkrankungen sind hier die aplastische Anämie oder bestimmte schwere Immundefekterkrankungen.
Kommt es zum Auftreten einer akuten Leukämie, dann verdrängen die bösartigen Zellen die gesunden Knochenmarkzellen und führen zu Symptomen des Knochenmarkversagens wie Infektionen, Blutarmut (Anämie) und Blutungsneigungen. In dieser Situation muss versucht werden, durch eine starke Chemotherapie, die über 7 bis 10 Tage geht, die kranken Zellen zu zerstören und den verbleibenden gesunden Stammzellen die Chance zur Erholung zu geben. In der Regel sind hierzu mehrere Zyklen dieser intensiven Chemotherapie nötig. Bei einigen Patienten und abhängig von der spezifischen Form der Leukämie reicht diese Behandlung aus, um eine dauerhafte Rückbildung der Leukämie (eine Remission) zu erreichen.
Häufig überleben aber selbst bei Erreichen einer Remission und vollständiger Normalisierung des Blutbildes noch einzelne Leukämiezellen, die irgendwann wieder zu wachsen beginnen und einen Rückfall (ein Rezidiv) verursachen können.
Um dies zu verhindern und die Chancen auf eine Heilung der Leukämie zu erhöhen, wird als abschließende Behandlung eine sehr hochdosierte Therapie durchgeführt, die das Knochenmark und die darin enthaltenen bösartigen Zellen maximal zerstören soll. Nach einer solchen Therapie kann sich die Blutbildung nur wieder erholen, wenn gesunde Stammzellen der Blutbildung im Anschluss an diese hochdosierte Therapie transplantiert werden. Diese Stammzellen können vorher vom Patienten selbst gewonnen werden, dann spricht man von einer autologen Transplantation. Erhält der Patient Stammzellen von einem gesunden Familien- oder auch Fremdspender, so wird dies als allogene Transplantation bezeichnet. Bei bestimmten Erkrankungen wie bei der CML und bei einigen Formen des MDS ist vor der allogenen Transplantation keine intensive Chemotherapie erforderlich, hier reicht dann die Hochdosistherapie unmittelbar vor der Transplantation, die sog. Konditionierungsbehandlung aus, um die Erkrankung weitgehend zurückzudrängen.
Bei der autologen Stammzelltransplantation werden heute meistens Blutstammzellen eingesetzt. Diese werden während der Phase der Leukozytenerholung nach einer Chemotherapie und durch die Gabe von Wachstumsfaktoren der Blutbildung wie das G-CSF (Neupogenâ, Granocyteâ) vermehrt in das Blut ausgeschwemmt. Man kann das Auftauchen dieser Vorläuferzellen im Blut durch eine einfache, aber engmaschig erforderliche Messung der so genannten CD34-positiven Blutzellen überwachen. Wenn sie eine ausreichende Zahl erreicht haben, kann man sie in einer oder mehreren Zellsammlungen aus dem Blut gewinnen: Ihr Blut läuft dabei aus einer Vene durch eine Art Zentrifuge, und die Zellen werden abgetrennt, während die restlichen Blutbestandteile direkt in eine andere Vene zurückgeleitet werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Leukapherese.
Bei der allogenen Transplantation werden die Stammzellen meistens durch die Entnahme von Knochenmark aus den Beckenkämmen des Spenders gewonnen. Für eine Knochenmarktransplantation braucht man ca. 1,0 bis 1,2 l Knochenmarkblut, so dass zahlreiche Punktionen an beiden vorderen und hinteren Beckenkämmen durchgeführt werden müssen. Deshalb wird die Knochenmarkentnahme in Vollnarkose durchgeführt. Der Spender hat noch für einige Tage Schmerzen an den Punktionsstellen, kann aber die Klinik in der Regel am nächsten Tag verlassen. Für die Blutbildung des Spenders hat die Knochenmarkentnahme keinen dauerhaften Nachteil, da die Stammzellen des Knochenmarks den geringen Verlust rasch ausgleichen. Der Blutverlust wird durch eine vorher gewonnene Eigenblutkonserve ausgeglichen.
Auch von einem gesunden Spender kann man nach fünftägiger Spritzenbehandlung mit dem Wachstumsfaktor G-CSF (Neupogenâ, Granocyteâ) Stammzellen aus dem Blut für eine Transplantation mittels Leukapherese gewinnen.
Da die HLA-Eigenschaften (Gewebespezifität) jeweils zu gleichen Teilen von Mutter und Vater auf die Kinder vererbt werden, besteht unter Geschwistern eine 25 - 30%ige Chance, dass sie HLA-identisch sind. Die Spendersuche beginnt deshalb immer mit der Typisierung der HLA-Merkmale aus dem Blut des Patienten sowie seiner Geschwister und Eltern. Findet sich unter den Geschwistern kein passender Spender, so besteht abhängig vom HLA-Typ des Patienten die allerdings seltenere Möglichkeit (etwa 5%), z.B. bei Cousinen oder Cousins eine weitgehende HLA-Übereinstimmung zu finden.
In allen anderen Fällen ist es heute möglich, in großen, in Deutschland und weltweit aufgebauten Dateien nach einem zufällig die gleichen HLA-Merkmale tragenden fremden, unverwandten Spender zu suchen. Dazu meldet die behandelnde Klinik den HLA-Typ des Patienten an das Zentrale Knochenmark Register Deutschlands (ZKRD).
Die dortigen Mitarbeiter sehen nach, ob in den deutschen oder in den internationalen Fremdspenderdateien Spender mit dem betreffenden HLA-Typ gemeldet sind. Ist ein Spender mit passendem HLA-Typ gemeldet, müssen weitere HLA-Typisierungen aus dem Blut des Patienten und dem des potentiellen Spenders durchgeführt werden (Bestätigungstest), um die Übereinstimmung abzusichern. Erst wenn diese auch für eine weitgehende Übereinstimmung sprechen, kann die Transplantation konkret geplant werden. Aus diesem Ablauf ist es verständlich, dass die Planung einer Fremdspender-Transplantation in der Regel mehrere Monate dauert. Die mittlere Wahrscheinlichkeit, dass zufällig ein unverwandter Spender das gleiche HLA-Muster wie der Patient hat, liegt bei 1:100.000, manchmal günstiger, leider manchmal aber auch sehr viel ungünstiger bei 1:3.000.000 oder mehr. So ist es verständlich, dass weltweit sehr viele Knochenmarkspender gemeldet sein müssen (zur Zeit mehr als 12 Millionen), um möglichst vielen Patienten einen Spender zu vermitteln, und dass die Bevölkerung immer wieder ermuntert werden muss, sich in solche Dateien aufnehmen zu lassen.